19.05.2019 Nove Colli 2019 oder Ride to Hell Empfehlung

Anderlik-Meyer Jürgen Anderlik-Meyer Jürgen

Polenta - Pieve di Rivoschio - Ciola - Barbotto - Monte Tiffi - Perticara - Monte Pugliano - Passo delle Siepi – Gorolo

Nein, das sind keine Käsesorten, sondern die neun Hügeln die es zu erklimmen gilt, wenn man die lange Granfondo Runde des Nove Colli fahren will. So nebenbei wären da auch noch 205 Km mit knapp 3900 Hm in einer vernünftigen Zeit zu bezwingen, sonst heißt es Rad schieben bei rund 12.000 Teilnehmer, verteilt auf 9 Startgruppen am Canale Grande in Cesenatico / Emiglia Romana.

Für mich, als vehementer Gegner und Verweigerer solcher Massenveranstaltungen, war es daher auch die erste Teilnahme an solchen Massenevent überhaupt. Die Person, die mich überredete daran teilzunehmen, war mein guter Freund und Spezi namens Karl(Charly) Tutschek. Danke ganz herzlichst, du wirst dafür noch Büßen :-)
Streckentechnisch war der Kurs kein Problem, da ich quasi alle Kurven und Hügeln bereits durch x-fache Trainingslager auswendig kannte.


Da ich aber noch keine Fahrzeit aufweisen konnte

hätte ich eigentlich in der „orangen“ Gruppe starten müssen (Reihung nach Nennung), mit einer Startnummer jenseits der 9000… Wie ich Anfang April erfahren habe, dass man nicht so einfach weiter vorne stehen kann, war das Thema für mich schon wieder durch und dachte mir, …“des interessiert mi ned so weit hinten, de solln den Schass ohne mir fahren…“
Aber nach Rücksprache meines Hotels mit dem Veranstalter, danke an Ubaldo Hotel Riz (Cesenatico), wurde ich nun als Radtourist mit Hotel Package angemeldet. Siehe da, ich Stand nun in der Gruppe „gelb“… Naja auch nicht dort wo ich hinwollte oder leistungstechnisch hingehöre, aber dennoch um 5000 Startplätze! weiter vorne. Also habe ich zugesagt und die Dinge nahmen seinen Lauf.

Die Vorbereitungen sind angelaufen

Das Training wurde Mitte April auf die Nove Colli Grandfondo Distanz abgestimmt, derweil Lizenzrennen zu fahren wäre eher kontraproduktiv, sondern lange hügelige und bergige Einheiten mit Indoor Spinning zum Erbrechen standen am Programm. Danke an dieser Stelle auch am SIM (Sport in Motion – Schimpl Bernhard - und an V(F)ITALEX – Alexander Hintringer – Physio) für die Betreuung und dem wegwischen des Trainingsschmerz.
Super vorbereitet und mit fast 7.000 Km in den Beinen ging es am Donnerstag 16.5.2019 ab nach Italien. Ein großes Danke hier an dieser Stelle auch an BOA FIT SYSTEM EUROPE (Alois Badegruber & Marcel Piermayr) für die bereits jahrelange Unterstützung mit den tollen Castelli / GAERNE Produkten.

3 Tage noch bis zum Start

Ich nutze diese Zeit um mich gemütlich auf das Event vorzubereiten. Zwischenzeitlich traf ich mich am Freitag noch mit meinen italienischen Freund William Raggi bei einer Ausfahrt auf den Barbotto, wo wir gemütlich noch einen Kaffee tranken und er mir sage, er werde hier am Sonntag auf mich warten… was auch immer das heißen sollte, ich ahnte schlimmes.



Das Wetter wurde schlechter

Am Samstag 18.5.2019 schlug das Wetter um. In der Früh regnetet es schon und der Regen wurde tagsüber mehr. Ich nutzte zwar am Nachmittag ein Wetterfenster um mich am Rad zu aktivieren, blieb aber auch nicht trocken und wurde weichgespült. Die Wettervorhersage für Sonntag war noch schlechter. Meine Motivation im Keller…. Aber der eine oder andere Ramazotti am Abend hob die Motivation. Ich weiß nicht mehr wie viele es waren, es waren viele….

Es ist soweit, Sonntag 04:00 Uhr

der Wecker klingelt, Ramazotti Geschmack im Atem und das Wetter schlecht. Die Startzeit des Granfondo Nove Colli ist mit 6:00 Uhr dermaßen früh, dass unser Hotel extra das Frühstück schon 4:30 Uhr anbietet. Naja, an Essen war um diese Zeit noch nicht zu denken, habe aber mit Gewalt ein leichtes, reichliches Frühstück runtergewürgt.
Widererwartet fühle ich mich total super, lang wohl an Mengen des Ramazotti’s ;-)

05:15 Uhr auf zum Startblock Gelb

Ich nahm mein Rad, welches ich bereits am Vortag rennfertig gemacht habe und lies intuitiv noch ein Bar Luft aus beiden Reifen, denn das Wetter sollte schlechter werden. Auf dem Weg nach draußen, begegnete ich dann andere Radfahrer aus meinen Hotel. Ich wusste zwar nicht was die vorhatten, aber so einen Nove Colli fahren wird nix werden werden (Ich denke ihr wisst was ich meine ;-))
Am Grande Canale in Cesenatico angekommen, war ich schon das erste Mal hoffnungslos überfordert. Bist du dep****, so viele Rennradfahren habe ich noch nie gesehen. Ich stelle mich in meinen Startblock wartete, wartete…. Vor mir bis zur Startlinie standen ca. 5000 Radfahrer. Als Muntermacher trank ich mal einen Shot mit 400mg Coffein . Jawoi, ich bin munter!



Um 06:00 Uhr ging es los, es nieselt leicht

Für unseren Startblock war es dann 12 Minuten später soweit. Mittendrin stand ich nun mit meinem Rad. Was da an Material so neben mir Stand, da konnte ich mein Rad glatt am Flohmarkt verkaufen. Dafür punktete ich mit meinen Adonis Körper :-) gegenüber den leicht adipösen auf deren hightech Maschinen. Das Thema Geschwindigkeit war dann auch das erste Problem der gelben Startgruppe. Die dort vereinten Fahrzeiten reichen von rund sieben Stunden bis zu 10 Stunden. Auf den ersten 35 flachen Kilometern bedeutete das für mich eine Gruppe zu suchen, welche ein angemessenes, schnelles Tempo fahren konnte. 5 Km nach dem Start fand sich eine größere Gruppe, die wohl auch eher zu den Rennfahrern gehörte. Wir schlossen uns zusammen fuhren im Zick Zack Modus an gefühlten 3000 Rennradfahrern vorbei.
Meine angepeilte Richtzeit von 07:15 Stunden war schon jetzt in weite Ferne gerückt, da es bis Bertinoro laufend Stürze auf der geraden Straße kam. Bremsen, Gas geben, hoch konzentriert fahren. Man erkennt es auf der Übersichtskarte leicht :-)



Ohne Sturz, welch ein Wunder, heil am ersten Berg angekommen

Berg ist wohl eher übertrieben, die Erhöhung nach Bertinoro und weiter nach Polenta waren für mich eher kleine Erhebungen, welche im Normalfall mit Fullspeed gefahren wird. Aber nicht beim Nove Colli. An ein schnelles Fahren war nicht mehr zu denken. Die Straße verenge sich nun auf max. 4 Meter breite und Unmassen an Radfahrer vor mir stellten echte Hindernisse dar. Das Zauberwort hieß nun „…Attenzione a sinistra”.
Die nächsten 20 Km folgte ein welliges Terrain bis zum zweiter Hügel. Unsere Gruppe hat bereits sich auf 4 Fahrer dezimiert. Eigentlich bist du nun auf dich gestellt, Gruppenfahren eher sinnlos, da ständig langsamer Radfahrer überholt werden. Man muss sich das so vorstellen, die Gruppe ist 20 Km lang, fährt Mann an Mann auf dem Hinterrad und du versuchst nach vorne zu fahren.

Rauf geht’s nach Pieve di Rivoschio

Die Straße verjüngte sich auf 3 Meter Fahrbahnbreite. Es ist so, als ob man den Stoppel vom Abfluss des Waschbeckens öffnet. Es beginnt bergauf zu stauen. Mit gemächlichen Puls unter Hilfenahme des Zauberwortes geht es nun 8 Km bergauf, max. 9% Steigung. Es beginnt nun leicht zu regnen. Kurzer Stop an der Labe um eine Flasche aufzufüllen. Die Abfahrt nach Linaro war kein Problem und der

Anderlik-Meyer Jürgen

Ciola wartet bereits

Der Ciola mit 6 Km ist einer meiner Lieblingsberge. Sehr rhythmisch und eine konstante Steigung von 6% Max. 11%. Das Feld hat sich schon etwas gelichtet, aber von alleine fahren noch ganz weit weg. Ich konnte hier das erste Mal etwas schneller fahren und überholte schon unzählige Fahrer der blauen Startgruppe (unter 08:30 Std. Fahrzeit). Oben angekommen ging es bergab auf nasser Fahrbahn in die Gegensteigung, welche doch 15% Steigung auf 500m aufwies und etwas in den Beinen schmerze. Dann die lange Abfahrt nach Mercato Saraceno.

Anderlik-Meyer Jürgen

Barbotto ich komme

Das war meine Devise. Der Barbotto, wer der Berg kennt und ihn schon gefahren ist, weiß wovon ich gerade spreche. Unten harmlos 7% oben ein Biest mit 18% Steigung, das die Fakten dazu. Da dieser Berg nicht gerade zu meinen Lieblingen zählt, ging ich die Sache eher gemächlich an, was sich auszahlen sollte. Auf den letzten Kilometer standen ja noch die 18% am Programm, welche erstaunlich sehr locker gingen (haha, weitreichender Begriff in dieser Situation) und siehe da mein italienischer Freund Willliam Raggi feuerte mich an (Siehe Bild). Die anderen Kollegen haben sicher mehr gelitten als ich ;-) Auf den letzten 300 Metern standen die Zuschauer Spalier, und ohrenbetäubende Musik aus Lautsprechern peitschte die Teilnehmer an. Ich schloss bereits zu den Fahrern der weißen Startnummer (Fahrtzeit unter 07:30 Stunden).



Über die Höhenstraße nach Sogliano bergab Ponte Uso zum Monte Tiffi

Ja, der Monte Tiffi mit durchgängig über zehn Prozent Steigung, Max. 16% ist eine harte Nuss, ließ sich recht gut fahren. Kurzer Stop an der Labe um eine Flasche aufzufüllen. ABER der anschließende Anstieg nach Perticara Max. 12% zog sich dafür wie ein Strudelteig in die Länge. Die giftigen Wellen und terrassenförmigen Anstiege sind komplette Rhythmusbrecher und es stellte sich dazu noch ein krampfartiger Schmerz beim Innenband ein. Was soll’s, weiterfahren, der Schmerz hört eh wieder auf. Auf dem nie endend wollenden Anstieg von 9 Km auf 3m Fahrbahnbreite hast du einige Zeit zum Nachdenken, was der Schei** soll und obwohl komplett nebensächlich, freust du dich über die teilweise neu sanierte Straße oder die Gänseblümchen am Straßenrand. Andere Sorgen hast du zu diesem Zeitpunkt nach 120 Km noch nicht. Endlich oben an der Abzweigung nach Perticara angekommen, beginnt es zu regnen. Na super, bin ja eh noch nicht nass geworden und die extrem schlechte, aber schnelle Abfahrt nach Novafeltria wird es auch nicht besser machen. Ja, da war es das erste Mal gefährlich.



Auf geht’s zum Monte Pugliano

Der Monte Pugliano Max. 12%, 9 Km lang ist der höchste Berg des Nove Colli mit 791m, mit neuer und vor allem steilen Streckenführung am Anfang. Das Feld ist mittlerweile sehr ausgedünnt und man fährt quasi alles bereits alleine. Der krampfartige Schmerz beim Innenband stellte sich pünktlich bei der Auffahrt wieder ein und zog sich schon leicht Richtung Oberschenkel Hinterseite. Einfach weitertreten war die Devise, wird schon wieder aufhören. Oben angekommen, kurzer Stop an der Labe um beide Flasche aufzufüllen. Das war auch der letzte geplante Stop für die restlichen 60 Km. Runter geht es diesmal auf trockenen Asphalt in Richtung San Leo, dann ganz runter nach Secchiano.



Rauf auf den Passo delle Siepi

Dann die große Frage: Kommt der Krampf wieder, oder kann ich mal auf das Gas drücken? Diesmal kein Problem und ich konnte erstmals im Renntempo den Passo delle Siepi 4 Km lang, Max. 7% Steigung hinauffahren. Von weitere Ferne sah ich eine ca. 10 Mann große Gruppe vorne fahren und wusste das ich hier ranmusste, da es nach der Abfahrt 15 Km flach dahinging. Alleine wäre das sinnlos. Pünktlich oben angekommen, ging wieder ein Wolkenbruch nieder. So, jetzt oder nie, ich musste an diese Gruppe rankommen. Da ich mich doch zu den guten Bergabfahrern zählte, verließ ich mich auf meine Fähigkeiten bei schlechter, nasser und rutschiger Straße. Ich erreichte die Gruppe kurz vor der Brücke des Uso Flusses. Gerade noch, sonst wäre es zäh geworden. Wir sammelten noch ein einiger Fahrer auf und machten richtig Tempo zum Gorolo. Mittlerweile war es wieder trocken.



Servus Gorolo 4 Km lang, grüß Gott 17% Steigung nach 175 Km

Links Einbiegen, hinein in die erste Rampe, laute Musik, Menschenmassen stehen am Fuße des Gorolo Spalier. Meine Beine fühlten sich großartig an, keine Krämpfe, somit Vollgas Richtung oben. Trinken super kalkuliert, ich habe noch eine ganze Flasche.
In einem Höllentempo ging es die letzten 30 Km hinab über Borghi nach Savignano zum Ziel nach Cesenatico. Der Wolkenbruch von vorhin holte uns wieder ein. Einmal Dusche von oben bitte. Die vereinzelten Wellen wurden weggedrückt, wobei ich das Zugpferd in den steileren Abschnitten und Wellen übernahm. Wir sammelten wieder viele Fahrer auf, schlussendlich waren wir ca. 30 Leute im Flachen und unsere Gruppe harmonierte wunderbar. Es wurde nochmals extrem auf das Tempo gedrückt. Mein Garmin zeigte im Flachen nie weniger als 45 km/h an.
Auf den Letzen gut 30 Kilometer finden sich die Fahrer der Marathon-Distanz und die 135er wieder vereint. Hier hieß es, bei jedem Überholvorgang aufzupassen, denn der Geschwindigkeitsunterschied zwischen den Langen und den Kurzen ist eklatant. Immer wieder versuchen Fahrer der kurzen Runde den schnelleren Windschatten zu nutzen, meist jedoch ohne oder nur mit kurzzeitigem Erfolg.



Nach sieben Stunden 35 Minuten erreichte ich das Ziel, als 983 OverAll, 192. Platz in meiner Klasse.

Für das erste Mal Nove Colli eine solide Leistung, da ich nicht wusste was da alles auf mich zukam. Ich stand doch relativ weit hinten und in den ersten 50 Km war an ein richtiges Radfahren nicht zu denken. Zumindest bin ich mal für den 2. Startblock 2020 qualifiziert, was doch etwas Hoffnung auf eine schnellere Zeit zulässt.

Anderlik-Meyer Jürgen

Site Facts:
Vorbereitung 6.800 Km Stand Mitte Mai
- 6 Trinkflaschen
- 8 Gels (2 mit Coffein)
- 2 Klein Energie Riegel
- 4 Große Energie Riegel
- 2 Coffee Shot a 200mg
- 1 Coffee Shot a 400mg

Ich habe hier bewusst nicht kundgetan, auf die Unfälle und Rettungseinstätze welche ich gesehen habe. Nur soweit, ich hoffe allen verunfallten geht es soweit wieder gut.
Und nochmals vielen Dank an Charly Tutschek, jene Person die mir das eingebrockt hat, du Ar***, haha.

Schlussendlich war es doch lustig und ich werde 2020 wieder am Start stehen und vielleicht ein paar ESV’ler auch?
Nähere Informationen gibt es bei mir, falls wer Lust und Laune hat unter Nove Colli
Danke

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