12.06.2011 Granitmarathon

Der Europameister im Mountainbikemarathonbewerb sollte heuer in Kleinzell im Mühlviertel ermittelt werden. Quasi vor unserer Haustür. Und damit die Europameisterschaft auch auf einer, diesem Ereignis (und den Vorgaben der UCI) entsprechenden Strecke stattfindet, haben sich die Veranstalter von Kleinzell schon vor 2 Jahren eine neue Streckenführung über 100 KM und 3000 Hm einfallen lassen. Ich hatte schon damals das Vergnügen die Strecke bei widrigsten Wetterverhältnissen kennen zu lernen. Dass man auf dieser Runde wirklich keinen Stein und keine Wurzel im oberen Mühlviertel auslässt, war schon damals nicht nur mein Eindruck. Zum Glück ist der Mensch ein vergessliches Wesen, denn sonst hätte ich sicher nicht wieder den Übermut gehabt und mich abermals für diese Distanz angemeldet. Die Verlockung, einmal bei einer Europameisterschaft teilzunehmen und das im Vorfeld doch gute Wetter ließen mich jedoch schon eine Woche vorher die Anmeldung wegschicken.
Erste Zweifel, ob das die richtige Entscheidung war kamen mir erst, nach dem der Wetterbericht Regen angekündigt hatte.

Und dieser stellte sich pünktlich in der Nacht vor dem Rennen auch ein.
Trotzdem war ich, wider der Vernunft (welcher normale Mensch fährt schon freiwillig 6 h durch den Dreck), motiviert. Die Atmosphäre war durch die Anwesenheit zahlreicher Profiteams mit ihren Wohnmobilen doch sehr speziell. Die Gelegenheit den Profis bei ihren Vorbereitungen für das Rennen auf die Beine zu schauen hat man schließlich nicht bei jedem Rennen.
Und um 9.20 war es dann so weit: Start zur Mountainbike-Europameisterschaft 2011 in Kleinzell. Obwohl man denken könnte man hat jetzt genug Zeit um seinen Rhythmus zu finden, geht's auf den ersten KM los wie auf einer Sprintdistanz. Ich hatte mir zwar vorgenommen, mich etwas zurückzuhalten, trotzdem pendelte sich der Puls gleich mal ein paar Schläge über meiner Schwelle ein.
Nach dem die Startrunde absolviert war, ging's dann in den ersten technisch schwierigeren Teil. Wie üblich verlässt hier bereits so manchen der Mut (die meisten Passagen waren aber auch wirklich klitschig). Ob man von oben oder von unten nass wird spielt zu diesem Zeitpunkt keine große Rolle mehr. Nach 25 Km zweigten die Damen dann auf die etwas verkürzte Strecke ab (Gott sei dank, denn von der vor mir fahrenden Blondine wollte ich mich auf keinen Fall abhängen lassen). Jeder, der in Kleinzell schon mal am Start war weiß, wie steil die Anstiege hier sind. Die ersten Verschleißerscheinungen stellten sich aber nicht bei mir, sondern bei meinem Rad ein. Beim steilen Anstieg von der Donau rauf nach Lembach? ging bei der Schaltung nichts mehr. Zum Glück hatte gerade da ein Zuschauer einen Spritzkrug mit Wasser parat, so konnte ich die Schaltung wieder zum Gehen bringen.
Der Anstieg zum Ameisberg zeigte mir dann das erst Mal wo der Hammer hängt. Konnte ich anfangs noch einige Biker überholen setzten mir nun Rückenschmerzen stark zu. Die Streckenführung war gratis "Wirbelsäulengymnastik", ausrasten nach dem Gipfelsieg konnte ich mir abschminken, nach der langen, schnellen aber schwierigen Abfahrt waren meine Rückenschmerzen um nichts weniger. Die auf meinem GPS angezeigte verbleibende Distanz von ca. 50 KM trug nicht gerade zur Motivation bei. Auch mein Begleiter von den "Donau Fritzis" machte sich nun aus dem Staub. Das Motto hieß also: die Zähne zusammenbeißen und weiter gegen den inneren Schweinehund ankämpfen. Wie oft ich mir dabei die Sinnfrage stellte will ich hier lieber nicht erwähnen. Wieviel Energie man noch freimachen kann, wenn der Kopf es will, stellte sich bei KM 85 heraus. Nach dem der neben mir stöhnende Biker meinte, dass dies nun der vorletzte Anstieg ist, kam auf einmal wieder etwas Kraft in meine müden Knochen. Ich konnte die kurzen Steigungen noch mal richtig schnell fahren und hatte auch auf den Abfahrten wieder Spaß. Das Trikot des "Donau Fritzi" tauchte im Steinbruch wieder auf, was zusätzliche Motivation bedeutete. Jetzt wollte allerdings mein Rad nicht mehr so wie ich konnte. Die Kette war dermaßen trocken, dass es sie bei jedem kräftigeren Tritt in den Rahmen zog. So musste ich mich etwas zurücknehmen und noch zwei Plätze aufgeben bis ich endlich die Fahrt durchs Festzelt genießen konnte. Der Applaus von Doris und Andi tat nach so einer Tortur wirklich gut und war sehr schön.
Die Zeit von 5h46 Min war dann auch so wie ich es mir ungefähr vorgestellt hatte, das Wetter hatte von Regen auf Sonnenschein gewechselt und so konnte ich das Finisher-Bier schon wieder richtig genießen und ein wenig Stolz auf die erbrachte Leistung sein. Die Mountainbike Europameisterschaft 2011 hat den Teilnehmern sicher einiges abverlangt. Aber davon könnte vielleicht einer der über 50 Teilnehmer erzählen, die das Ziel nicht gesehen haben.

Reinhard

 

Go to Top